und – was wir davon so mit- und erzählt bekommen haben
Wir haben uns schon oft auf unserer Reise gefragt, wie sich so das Leben auf einer “typischen” Farm in Namibia gestaltet. Das besonders vor dem Hintergrund der oft riesigen Größe der Farmen und der extremen Entfernungen untereinander und zu den Städten. In der Zwischenzeit hatten wir ein paar mal die Gelegenheit mit Farmbesitzern und auch Angestellten auf den Farmen zu sprechen und unsere Fragen loszuwerden. Dabei muss unser Verständnis das wir mitgenommen haben sicherlich nicht repräsentativ sein und wird sicherlich nur einen kleinen Ausschnitt des wirklichen Lebens auf einer Farm darstellen.
Generell scheint es so zu sein, dass die meisten Farmen in Namibia Schaf- oder Rinder Zucht betreiben wobei gerade das Schaffleisch zu einem großen Teil nach Europa exportiert wird. Die Rinder sind offensichtlich ehr für den innerafrikanischen Mark bestimmt. Da uns selber die Größenordnungen nicht viel sagen haben wir uns nur erklären lassen, dass eine typische Farm in Namibia etwa 20-30 mal so groß ist, wie ein Großbetrieb in Europa, was die Landmenge betrifft. Natürlich ist das Land pro qm in Namibia lange nicht so ertragreich wie bei uns, gerade in Deutschland, jedoch muss auch dieses Land bewirtschaftet werden.
Was wir garnicht glauben konnten, aber das Farmland ist in aller Regel komplett eingezäunt. Um das Land da wo notwendig zu bewässern, werden oft Bohrlöcher von teilweise 70-100m genutzt die dann mit den bekannten Windradpumpen angezapft werden. Windradpumpen wohl auch deshalb, weil eine elektrische oder spritbetriebene Pumpe die über diese Höhe pumpen kann a) extrem teuer ist und b) viele Bohrlöscher/Brunnen garnicht genug Wasser hätten, so dass eine dieser Pumpen überhaupt eingesetzt werden könnte.
Dieses Land wird dann in der Regel von einer Farmerfamilie bewirtschaftet mit ein paar, aber nicht sehr vielen Angestellten, die sich darum kümmern, dass mit dem Vieh alles in Ordnung ist, die Zäune ok sind und die Brunnen funktionieren. Was wir so mitbekommen haben ist es so, dass die Menschen auf einer Farm geboren werden, dort ihr Leben verbringen und dann auch dort sterben. Wir haben jetzt mehrere Farmfamilien kennen gelernt, die auf einer Farm geboren wurden und diese von ihren Eltern übernommen haben bzw. auf einer geboren wurden und sich dann selber eine fremde übernommen haben, weil sie sich kein andere Leben vorstellen konnte, die elterliche aber nicht übernehmen konnten. So gibt es auch einige Farmer die in Namibia eine oder mehrere Farmen bewirtschaften die selber von einer südafrikanischen Farm kommen und dort keine passende gefunden haben.
Der Arbeitstag richtet sich dabei prinzipiell nach den Sonnenstunden. Es wird mit dem Aufgehen der Sonne begonnen zu arbeiten und die Arbeiten weitestgehend eingestellt wenn die Sonne untergegangen ist. Das liegt daran, dass es hier in der Regel keine Stall- sondern reine Freilandhaltung gibt. Wenn die Sonne dann untergegangen werden auf einigen Farmen auch noch selber Produkt hergestellt die entweder direkt vertrieben werden an den Endverbraucher oder an Supermärkte und Geschäfte in der nächstgelegenen Stadt. Da die Farmer auf ihren Farmen auch das Wild jagen, wie Oryx, Springbock, Kudu,… zählt hierzu nicht nur das Zucht- sondern auch das Wildfleisch, aus welchem sie Produkte herstellen. Aber auch Fruchtprodukte. Rote Beete, Kartoffeln,… zählen oft dazu, wenn es das Farmland hergibt. Urlaub gibt es den Erzählungen uns gegenüber garnicht. Viele Farmen bieten dann auch noch ein paar Gästezimmer oder wenige Stellplätze an und das ein oder andere mal auch noch die Möglichkeit, einen Gamedrive über das Farmland zu machen. So wie wir es mitbekommen haben sind das meistens Aktivitäten um die sich verantwortlich die Dame des Hauses kümmert, wie selbstverständlich um die Kindererziehung, den Haushalt und die Herstellung der hauseigenen Produkte.
Einkaufen sieht meistens so aus, dass einmal im Monat ein Großeinkauf gemacht wird auf Grund der großen Entfernungen. Und auch auf Grund der großen Entfernungen müssen die Kinder die Woche unter in der Stadt bleiben, und das schon ab dem 6. Lebensjahr, in welcher die Schule ist. Das sind nicht selten ein paar 100km weit weg von den Eltern. Wir haben ein Farmehepaar kennen gelernt bei welchem ein Sohn gerade in die Schule gekommen war es aber nicht so gut klappte mit der Abnabelung der Eltern. Die Mutter hat sich dann dazu entschlossen nach dem 2. Monat ein kleines Zimmer in der Stadt zu mieten und bei ihrem Sohn zu sein, da dieser überhaupt nicht mit der Situation klar kam. Und das ZUSÄTZLICH zu den Arbeiten die daheim anfallen. Und da der Papa den ganzen Tag auf der Farm unterwegs ist und auch öfters ein paar Tage am Stück weg ist, musste der kleine Sohn dann auch noch mit ins Zimmer.
Wir haben uns dann gefragt, wie man sich denn so kennenlernt wenn man auf einer Farm wohnt und eine Frau/ einen Mann sucht. Die Frage haben wir dann einfach mal gestellt und uns wurde zu unserem erstaunen erzählt, dass die meisten Kontakte über eine Art Stellenbörse (Printmagazin) für Farmer hergestellt werden (gibts wohl schon länger als unsere Stellenbörsen im Internet ). Dort inserieren Männer und Frauen die einen Partner suchen und auf einer Farm leben wollen. Man trifft sich dann ein paar mal vorher und schaut ob man zusammen passt oder nicht. Wenn es dann passt wird in der Regel geheiratet und man bleib sein Leben lang zusammen. Das klingt für uns jetzt alles ein wenig fremd, ist aber offensichtlich den Erzählungen nach für die Menschen hier ganz selbstverständlich. Die Farmer mit denen wir gesprochen haben können sich kein anderes Leben vorstellen und so wie uns gesagt wurde wollen auch viele Kinder von Farmern Farmer werden.
Die anderen Menschen die noch so auf einer Farm leben wie die Angestellten die sich um die vielen notwendigen Dinge kümmern oder auf den Gästefarmen z.B. an der Bar sind, die Gäste betreuen,… verbringen scheinbar auch ihr ganzes Leben auf dieser Farm. Die allermeisten haben kein Auto, wohnen mit auf der Farm und sind prinzipiell Bestandteil der Farmfamilie. Wir haben schon manches mal den Eindruck gewonnen, dass sie nichts anderes als die Farm kennen, auf die sie nach der Schule zum Arbeiten gegangen sind. Ihr komplettes Leben gehört praktisch der Farm und wir konnten oft feststellen, dass sie nicht wussten, wie es im Umkreis von 100km um die Farm drumherum aussieht. Sie kennen manchmal die nächst größere Stadt in die sie vielleicht zum Einkaufen oder zum Arzt fahren, aber das war es dann auch. Da ein eigenes Auto eine absolute Seltenheit ist, kann man sich das sehr leicht vorstellen. Moni und ich können uns das nur sehr schwer bzw. garnicht vorstellen, ein solches Leben leben zu können. Hier auf der aktuellen Farm haben wir tatsächlich einen Angestellten widergetroffen der vor 8 Jahren schon da war und eine Freundin in der nächst größeren Stadt, 100km entfernt, hatte. Er wollte damals nach Südafrika gehen um dort einen anderen Job zu machen und Europa besuchen. Vor 8 Jahren erzählte er uns dass die Mädels in der Regel auch ehr Männer suchen, die ein eigenes Business haben und aus SA kommen, da sie ihnen mehr bieten können. Und heute ist der Kollege noch immer da… Und ach ja, das gilt für Weiße wie auch Schwarze gleich. Es gibt auch viele Weiße die hier auf einer Farm als Arbeiter sind und dort wohnen, wie auch dieser Kollege den wir vor 8 Jahren schon mal getroffen hatten und große Pläne hatte. Die Farbigen leben in der Regel in paar 100m entfernt von den eigentlichen Farmhäusern während die Weißen oft direkt auf dem Hauptgelände wohnen, wie die Eigentümer.
Da das Stromnetz in Namibia sich größtenteils auf die größeren Städte konzentriert wird auf Farmen oft per Generator oder mit Solar und Batteriespeicher der Strom erzeugt. Das führt oft dazu, dass der Strom nur eine begrenzte Zeit am Tag zur Verfügung steht. Es gibt auch Farmer, die sich zusammen geschlossen haben und sich ihren eigenen Stromanschluß ans öffentliche Netz gelegt haben. So haben wir direkt hinter der SA-Grenze auf einer Farm übernachtet die vor 8 Jahren selber den Stromanschluß ans öffentliche Netz hergestellt hat indem sie sich mit anderen Farmen zusammen getan haben und die kompletten Kosten von 25.000€ pro Farm selber übernommen haben. Für uns klang das nach sehr viel, aber der Vorteil der uns beschrieben wurde wiegt das wohl auf. Solar ist wohl auch sehr teuer und Wartungsintensiv auf Grund der Batterietechnik, die auch alle 7-10 Jahre wieder komplett erneuert werden muss.
Den Erzählungen nach scheint es so zu sein, dass die Regel gilt – einmal Farm(er) immer Farm(er). Das gilt scheinbar für die Besitzer selber aber auch für das komplette “Personal”. Mehrere Farmer haben gesagt dass sie in einer Stadt oder als abhängig beschäftigter sterben würden. Aber auch Menschen aus der Stadt würden ihre Schwierigkeiten haben auf einer Farm zu leben. Eine Farmersfrau die erst eine geworden ist und vorher in einer Mittelgroßen Stadt mit ca. 5000 Einwohnern gelebt hat sagte, dass man sich erzählt, dass man mit sich selber im Reinen sein muss, im inneren Frieden, um auf einer Farm leben zu können weil man sonst verrückt würde, weil man so viel mit sich und der Natur alleine ist. Ansonsten würde man den ganzen Tag über zu viele Dinge nachdenken und das würde man nicht lange mitmachen. Sie sagte dass es auch für sie am Anfang nicht einfach war, diese permanente Stille zu ertragen, immer nur die Naturgeräusche zu hören. Aber mittlerweile, nach 8 Jahren kann sie die Stadtgeräusche, und auch oft Radio und Fernsehen nicht mehr ertragen, das ist ihr einfach zu viel. Sie sagte uns dass sie mittlerweile oft den Fernseher wieder aus macht den ihr Mann abends manchmal anmacht, weil es ihr einfach zu viel “Lärm” ist. Das fanden wir sehr spannend, da wir ja auch nach dem letzten Afrika-Urlaub unser Fernsehen abgeschafft haben, weil wir darin keinerlei Wert mehr erkennen konnten und das bis heute auch “durchgehalten” haben und nichts vermissen.
Tja, so viel zum Leben auf einer Farm und war wir so davon mitbekommen und verstanden haben. Es ist sicherlich nicht das verklärte Romantische, was man sich so darunter vorstellt und einfach ist es ganz bestimmt nicht, wie auch nicht zu vergleichen mit dem Leben auf dem Bauernhof bei uns in Europa und schon garnicht Deutschland. Für uns hat es noch viel von einem Leben vor 100 Jahren, angereichert um moderne Hilfsmittel. Aber um ehrlich zu sein – so schön man sich das vorstellt, die große Freiheit, viel Ruhe, Tiere und Natur, für uns wäre das sicherlich nichts. Es gibt zu viele Entbehrungen und unserem Empfinden nach eine zu große Distanz in der Familie und Freunden wenn man die Umstände und Entfernungen mal betrachtet. Aber eines haben wir auch schon erstaunt festgestellt – Entfernungen die für uns in Deutschland große sind schrumpfen hier. Wenn wir darüber sprechen dass es “nur noch” 200km bis zum nächsten Einkaufsstopp sind, dann haben wir tatsächlich mittlerweile das Empfinden, dass es sehr nah ist. 50km sind für uns mittlerweile praktisch um die Ecke und wir können “mal eben” dahin fahren. Wenn wir uns überlegen dass bei uns daheim eine Fahrt nach Düsseldorf oder Aachen sehr wohl geplant wird und genau überlegt wird, ob wir das machen und die Mühe auf uns nehmen, dann ist das hier keinen Gedanken wert und wir fahren diese kurze Strecke einfach, und das bei Piste (Gravel) und nicht Teer-Straße!
Da kann mich schon vorstellen, dass man über die Zeit hinweg ein ganz anderes Verständnis entwickelt was es bedeutet hier zu leben. Und die “Zeit” spielt dabei eben eine sehr große Rolle, denn die haben wir hier und auch die Menschen haben sie hier (noch). Es dauert halt einfach alles länger und es gehört dazu, zum Leben und zum Alltag. Und wenn eingekauft wird, dann fährt man eben die vielleicht 300km in die große Stadt um eine bessere Auswahl zu haben und attraktivere Preise, bleibt dort 2 Tage und besorgt alles und fährt nicht in der nächsten Woche oder schon 3 Tage später wieder, sondern erst wieder in einem Monat.
So, das so weit zu diesem Thema. Wir hoffen dass wir alles so weit richtig wiedergegeben haben, wie wir es erzählt bekommen haben und was wir so mitbekommen haben. Wir für uns bewundern die Menschen hier die auf einer Farm leben und die, die eine Farm betreiben. Kein einfaches Leben aber sicherlich an einigen Stellen auch um einiges Reicher an Zeit, Naturnähe, Ausgeglichenheit, Zufriedenheit,… als das Leben von vielen oder den meisten Menschen bei uns daheim. Leider kann man nicht alles haben, das wäre wohl das Paradies und bleibt dem Leben nach dem Leben vorbehalten…
Apr 16, 2013 @ 15:03:43
Hallo Ihr Lieben, wir wollten natürlich der Monika noch alles Gute nachträglich zum Geburtstag wünschen!! Ich hoffe, Ihr habe schön gefeiert! Laßt es Euch noch gut gehen und wir freuen uns immer von Euch zu hören!
Viele Grüße von Renate, Wolfgang, Kira und Jana Marie